Eine Reise mit einem Nachtzug, welcher in die eine Richtung deutlich angenehmer ist, als in die andere.

Or you want to be alone?

Es war ein prĂ€chtiger Sommerabend in Zagreb. In legerer Sommerkleidung konnten wir auf einer der grosszĂŒgigen GrĂŒnanlagen zwischen dem Hauptbahnhof und dem Hauptplatz noch ein letztes Karlovacko-Bier trinken, bevor wir den um kurz nach 10 den nĂ€chtlichen Hauptbahnhof aufsuchen konnten.

Unser Ziel war der letzte Fernzug des Tages: Der Nachtzug von Zagreb nach Split. Bereits im Voraus haben wir uns online zwei Tickets fĂŒr den anscheinend einzigen Liegewagen des Zuges reserviert und zumindest ich war von den doch drei Liegewagen und dem Schlafwagen am Zug ziemlich ĂŒberrascht. In unserem Abteil trafen wir zum ersten Mal seit lĂ€ngerem wieder einmal auf einen Schweizer. Doch die Frage der Stewardess, ob wir die Nacht nicht lieber in einem eigenen Abteil verbringen möchten, liess die Begegnung sehr kurz werden.

Ich war nicht nur glĂŒcklich ĂŒber die grössere PrivatsphĂ€re, sondern auch ĂŒber die Möglichkeit, vom gebuchten unteren Bett (In der Regel das bequemste) in die mittlere Etage wechseln zu können. Der Nachtzug war noch einer der Ă€lteren Sorte und die Höhe des mittleren Bettes stimmte perfekt mit jener des offenen Fensters ĂŒberein. Am offenen Fenster im Bett zu liegen und den Fahrtwind durch die Haare gleiten zu lassen, ist eines der unbeschreiblichen GefĂŒhle, welches nur in einem Verkehrsmittel auf der Welt möglich ist.

Von oben sieht man die vielen Leute nicht

Dass ein Anflug auch mit dem Zug möglich ist, zeigte sich am nĂ€chsten Morgen. Der Bahnhof von Labin am Scheitelpunkt der Bahnstrecke nach Split liegt noch auf knapp 400 Meter ĂŒber Meer und ist nur rund 20 Kilometer von der Hafenstadt entfernt. Die letzte Etappe fĂŒhrte somit in steilem GefĂ€lle vom dinarischen Gebirge hinunter ans Meer und wĂ€hrend der Nachtzug mit seiner rustikalen Diesellok langsam die Kurven bewĂ€ltigte, geniessten wir die ersten Blicke auf Split und die AdriakĂŒste aus dem wieder geöffneten Fenster.

Wir gönnten uns die kurze Reise von Zagreb nach Split auch deshalb, weil die Fahrt im Liegewagen nicht mehr als eine Übernachtung in einem Zagreber Hostel gekostet hat.

Nach der pĂŒnktlichen Ankunft in Split um kurz nach acht blieben uns drei ganze Tage am Meer, bevor es nach zwei NĂ€chten vor Ort wieder mit dem Nachtzug zurĂŒck nach Zagreb gehen sollte.

Was aus der Vogelperspektive leider nicht ersichtlich war, sind die vielen Touristen, die sich in der Spliter Altstadt herumpilgern. Auch aufgrund der unzĂ€hligen Kreuzfahrtschiffe, welche hier anlegen, weil der Hafen von der «Game of Thrones» Stadt Dubrovnik noch ĂŒberlasteter ist, fĂŒhlt man sich in Split zumindest nicht einsam.

Dann nehmen wir halt auch ein Schiff

Da es uns doch etwas zu voll wurde, suchten wir unsere Einsamkeit oder zumindest etwas freie FlĂ€che anderweitig. Mit der - neben all den grossen Schiffen winzig wirkenden -AutofĂ€hre «Petar Hektorovic» setzten wir auf eine der vielen vorgelagerten Inseln in der Adria ĂŒber. Ziel war eine Insel, auf welcher die FĂ€hre dann wiederum mehr als ĂŒberdimensioniert aussah. Das rund zwei Stunden entfernte Vis.

Die einst als MilitĂ€rstĂŒtzpunkt wichtige Insel wurde erst 1995 fĂŒr den Tourismus geöffnet und hat deshalb noch viel von ihrem ursprĂŒnglichen Charakter bewahrt. Der Strand war naturbelassen und wenig bevölkert. Auch konnten wir in einer Taverne im HafenstĂ€dtchen endlich einmal gut essen. (Hinsichtlich des Essens bin ich mit Kroatien noch etwas auf Kriegsfuss)

Die BefĂŒrchtung, dass sich dieser Geheimtipp auch bald den Touristenmassen geschlagen geben muss, habe ich nicht durch dessen ErwĂ€hnung in unserem Reiseblog, sondern viel mehr durch seine Bekanntheit in einem Kinofilm. Der zweite (und deutlich schlechtere Teil) vom Musical Mamma Mia! wurde grösstenteils im kroatischen Vis gedreht, obwohl die Handlung des Filmes eigentlich in Griechenland spielt.

Die RĂŒckreise war dann weniger angenehm

Nach unserem Aufenthalt auf der Insel hatten wir denselben Weg nach Zagreb in umgekehrter Richtung wieder vor uns. Auch am nĂ€chsten Tag legten in Split wieder mehrere Kreuzfahrtschiffe an und neben den Touristenmassen fĂŒhrte auch das richtig schlechte Glace der hauseigenen Gelateria des Fussballclubs Hajduk Split dazu, dass ich Split mit geteilter Meinung wieder verliess.

Umso mehr freute ich mich bei der Abreise auf Zagreb und die Reise im selben altehrwĂŒrdigen Nachtzug zurĂŒck ins Inland von Kroatien. Dabei wusste ich noch nicht, dass der Nachtzug in der Richtung Zagreb-Split deutlich kundenfreundlicher ist als in entgegengesetzter Richtung. Wir konnten uns zwar wieder in unserem privaten Abteil ausbreiten, doch nun war der steile und kurvige Streckenabschnitt der erste Abschnitt auf der Reise, was das Einschlafen verunmöglichte. Auch der berechtigte Wunsch auf VerspĂ€tung am nĂ€chsten Morgen ging nicht in ErfĂŒllung. Wir waren pĂŒnktlich um 5:55 wieder zurĂŒck in Zagreb. Das ist dann auch etwas gar frĂŒh.

PS: Wir haben beim Yazhee-Spielen am Strand von Vis einen gelben WĂŒrfel im Meer versenkt, wer ihn am Strand findet, darf ihn uns gerne zurĂŒcksenden.