Eine Reise mit dem Baden-Württemberg-Ticket an einem überraschend entspannten Sonntagnachmittag

Flexibilität ist ein grosser Vorteil

Es war Sonntag in Stuttgart. Nach dem Besuch des Schweinemuseums und der Erkenntnis, dass Stuttgart nun wirklich nicht der Ort zum Verweilen ist, entschieden wir uns nach einem Besuch in einer Gelateria in der wirklich trostlosen Innenstadt schon etwas früher nach Hause zu fahren.


Möglich machte dies das Baden-Württemberg Tickets. Dies ist ein Angebot für Regionalzüge der deutschen Bundesländer, mit welchem man einen Tag (Werktags ab 9 Uhr) durch das gesamte Bundesland mit allen Regionalzügen reisen darf. Die sehr attraktiven Preise von 27€ für 2 Personen unter 27 Jahre erlauben einem dabei eine Reise auf einem Netz von 3400 Kilometer und in Innenstädten auch eine Fahrt mit der S- und U-Bahn. Dass nur Regionalzüge verwendet werden dürfen, ist besonders für Reisen aus der Schweiz nur ein kleineres Übel, da der direkte Intercity nach Zürich auf dem deutschen Abschnitt als Regionalzug verkehrt und seit einigen Jahren jede Stunde eine Verbindung in die schwäbische Hauptstadt ermöglicht.

So konnten wir uns spontan zum Bahnhof bewegen, gönnten uns noch ein paar Getränke aus dem Bahnhofsshop und nahmen im Oberdeck des Doppelstockzuges in den Süden Platz

Äusserst angenehm

Bis heute ist mir nicht klar, weshalb mir die Fahrt auf der Gäubahn derart angenehm in Erinnerung bleibt. Auch wenn der Zug erst über die Panoramastrecke langsam über die Dächer von Stuttgart an Höhe gewinnt und danach im liebevollen Neckartal seine Kurven entlang des Flusses schwingt, ist eine Fahrt von Stuttgart nach Zürich nicht etwas, das man einmal im Leben gemacht haben muss.

Von der sogenannten Panoramastrecke sieht man noch einmal zurück auf die Innenstadt

Es lag wohl eher an der entspannten Leere des Zuges am Sonntagnachmittag, dem immer noch gekühlten Bier und den guten Gesprächen, dass die Fahrt derart kurzweilig blieb. Zudem lockerte der Kurzbesuch von einem der in Deutschland leider weiterhin zahlreichen Personen, der den Zug nach Pfandflaschen suchte, die Fahrt zusätzlich auf.

Nächstes Mal sind wir schlauer

Diese Zeilen schreibe ich auch nur so, weil die Laune des Flaschensammler unglaublich gut war. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht freute er sich darauf, dass es bei uns etwas zu holen gibt. Er erklärte uns dabei, dass wir besser erst die Dosen geöffnet hätten, die gäben 25 Cent Pfand und nicht nur 8 Cent wie die bereits leeren Glasflaschen. Es sei aber kein Problem, es sei ja Sonntag und er könne mit diesem Zug noch eine Station fahren, dort kommt der Gegenzug Richtung Stuttgart und dann hat er ja vielleicht mehr Glück. Mit diesen Worten nahm er die Glasflaschen mit, wünschte uns noch eine ganz schöne Fahrt und ging weiter auf die Suche

Das doch sehr unerwartete Gespräch an jenem sehr ruhigen Nachmittag machte uns nachdenklich und glücklich zugleich. Bis heute denke ich bei jeder Fahrt an Stuttgart an ihn zurück und hoffe, dass er weiterhin derart positiv durch sein Leben gehen kann, das von aussen nicht allzu erstrebenswert schien. Aber um es mit einem Zitat von Albert Camus auszudrücken: «Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen». Und das kann ich seither ein bisschen besser.