Wie die Ferien in Griechenland schon vor der Ankunft für viele Highlights sorgen

Unsere Reise begann gewöhnlich und geordnet am Zürcher Hauptbahnhof. So wie jede Reise halt anfangen sollte. Die Gemüter waren entspannt, ja gar vorfreudig auf die lange Fahrt, die vor ihnen lag. Mit dem Intercity ging es von Zürich nach Lugano, vorbei an 3 Seen, die sich alle in unterschiedlichen Stimmungen präsentierten. In Zürich hingen dicke, nasse Wolken über dem Wasser, der Zugersee war wegen all den Luxusbauten nur teilweise sichtbar und der Vierwaldstättersee profitierte von Sonnenstrahlen, die auf dem vom Wind aufgerieben Wasser schöne Lichtspiele produzierten.

Marius wusste: Seesicht gibt es auf dem Weg ins Tessin mehr in Fahrtrichtung rechts

Mein Mitreisender war der Chef de Service höchstpersönlich. Marius Portmann*. Mir war also durchaus bewusst, dass ich meine verstaubte Schulgeografie wieder etwas polieren musste, um überhaupt mitreden zu können. Ich gab mir Mühe, im Vorhinein möglichst viele Bahnhöfe und Abfahrtszeiten zu kennen. Gebracht hat es nicht viel, aber immerhin wusste ich nun, wie wir von Zürich nach Korfu gelangten. In Lugano stiegen wir um auf den Regionalzug; ein erstes ‘Buebetrickli’ von meinem Reisebegleiter, denn es würde zwar ein Direktzug nach Milano fahren, dieser wäre jedoch langsamer als der Bummler. Auf die Frage, wieso das so sei, erhielt ich ein verstimmtes Schulterzucken. Das sei nun mal typisch SBB, meint Marius und führt gerne aus, wieso früher noch alles besser war und wie peinlich es doch von den internationalen Bahngesellschaften sei, dass der Zug die Strecke Zürich-Milano nicht wesentlich schneller zurücklegt als 1988 - trotz Gotthardbasistunnel.

*Marius möchte sich an dieser Stelle noch für alle entschuldigen, die sich über die Nichterwähnung des Lauerzersees genervt haben

Wir sassen also im Zug nach Milano und damit stellte sich bei mir das bekannte Gefühl ein, in die Ferien zu fahren. Eine Mischung aus Vorfreude und Aufregung. Es ist eine Anspannung, die die eigenen Sinne auf einmal viel schärfer macht. Plötzlich fielen mir neue Dinge aus meinem Umfeld im Zug auf. Ich hörte einen Mann hinter uns lautstark mit einer Telekomfirma telefonieren, am anderen Ende des Zuges schrie ein Baby ununterbrochen und das Paar neben uns im Abteil, schien plötzlicher lauter miteinander zu reden. Ausserdem beobachteten wir eine Szene zwischen dem Ticketkontrolleur, zwei Touristen und einer Frau. Sie war sichtlich aufgebracht und beschuldigte die zwei Herren, sie absichtlich getreten zu haben. Die anderen zwei behaupteten das Gegenteil. Der Kontrolleur versuchte erfolglos die Auseinandersetzung zu schlichten und schliesslich stiegen sie zu viert in Monza, der letzten Station vor Milano, aus, um die Polizei zu rufen. Eine denkbar schlechte Entscheidung, denn anstatt 10 Minuten zum Endbahnhof weiterzufahren, wartete nun ein Zug voller ungeduldigen Reisenden darauf, dass in dem kleinen Vorort endlich ein Polizist Lust hatte, die Szene aufzulösen. Als nach 15 Minuten immer noch nichts geschah, kam die Durchsage, dass wir auf ein anderen Gleis müssten, um einen anderen Zug nach Milano zu nehmen. Marius und ich wussten, dass die Zeit langsam knapp wird und wir hofften, dass wir wenigsten den Anschluss auf den Nachtzug nicht verpassen würden (es stellte sich heraus, dass unser Zug doch früher gefahren wäre, allerdings kam die Vermutung auf, dass der Zugchef am liebsten mit dem leeren Zug in den Endbahnhof fahren wollte, um nicht noch mehr Aufregung zu haben).

Statt des ersten Panini der Ferien reichte es nur für einen Schnappschuss

In Milano angekommen, blieb dann wie befürchtet keine Zeit mehr irgendeine Verpflegung zu besorgen, schliesslich mussten wir doch einigermassen schnell das Gleis wechseln und es reichte nur für ein qualitativ unterdurchschnittliches Sandwich aus einem Selecta. Auch wenn die italienische Küche eigentlich weltweit bekannt ist, die Nachtzugverpflegung kann mit diesen Erwartungen nicht mithalten. Es gab 3dl Wasser aus einem Tetrapack (mit meinem gebrochenen Italoenglisch gelang es mir sogar eine zweite zu ergattern), ein kleines Päckli ‘Snacks’, sowie nochmals 3dl Wasser, diesmal aber ‘frizzante’ und edel verpackt in einer Aludose, sodass man es gerne mit einem Prosecco verwechseln könnte. Die Nacht im Zug war dann so, wie man sie erwarten konnte. Etwas laut, etwas unbequem, etwas kurz und doch etwas Spezielles. Kaum hat einem das vertraute Schütteln des Wagons geholfen einzuschlafen, wird man geweckt von dem ohrenbetäubenden Lärm eines vorbeifahrenden Zuges – ein Spiel, das sich bis in die Morgenstunden fortsetzte.

In Italien gibt es 58 UNESCO-Welterbestätten, das Fährterminal Brindisi wird wohl nicht zur Nummer 59 erkoren

In Brindisi wurden wir von schönem, warmem Wetter begrüsst und der Kaffee im Bahnhofslokal schmeckte ausgezeichnet. Ansonsten, wie wir schnell herausfanden, hatte Brindisi an einem Sonntagmorgen nicht all zu viel zu bieten. Die 5-stündige Wartezeit überbrückten wir mit Spielen und Rätselraten, welches der vielen Schiffe wohl unsere Fähre sein wird. Es traf die Euroferry Olympia, eine klassische Fähre, die wahrscheinlich irgendwann in den 80er Jahren gebaut wurde und seither wenig renoviert wurde. Es war allerdings ziemlich eindrücklich als Fussgänger in den Bauch eines Schiffes zu laufen, der sonst voll mit Autos und Lastwagen ist. Alles schien irgendwie überdimensioniert, wenn man nur zu Fuss unterwegs war. Da Marius und ich keine Sitzplätze reserviert hatten, nahmen wir auf dem Deck im hinteren Teil des Schiffes Platz. Wir waren froh, überhaupt eine Sitzgelegenheit ergattert zu haben, denn viele mussten die 6.5-stündige Überfahrt stehend verbringen.

Als Mitarbeiter einer Reisefirma, sind solche speziellen Reisen immer auch Anlass dazu, sie festzuhalten. Schliesslich sollte unsere Instacommunity auch etwas an unserer Erfahrung teilnehmen können. Kurz nachdem das albanische Festland in Sicht kam, traten Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke, die mittlerweile aufgezogen war und sorgte für eine ganz spezielle Stimmung auf der Adria. In meinem Handyabo inbegriffen ist ein kleines Datenvolumen, um genau solche Momente mit der Öffentlichkeit zu teilen. Kaum war das Bild allerdings auf Instagram hochgeladen, informierte mich mein Anbieter Salt, dass ich bereits für über 400 Franken Roaming Gebühren gebraucht hatte. Mir fiel das Herz in die Hose und ich hatte keine Ahnung wie das überhaupt passieren konnte. Es dämmerte mir, als ich meinen Blick rüber ans Festland schweifen liess. Albanien ist, obwohl umrandet von EU-Ländern, selbst kein Mitglied und damit nicht in meinem Datenpacket inbegriffen. Der Ärger über diese Unachtsamkeit war gross und der Frust, mit dem gleichen Geld ein neues Handy kaufen zu können, hielt an, bis wir Griechenland erreichten.

Michelangelo wäre stolz gewesen - zumindest auf den Preis

Die Ankunft im Hafen der einzigen Stadt auf der Insel Korfu war allerdings etwas verspätet. Einerseits, weil wir die Zeitumstellung nicht einberechnet hatten und andererseits, weil das Schiff gut eine Stunde länger benötigte die Adria zu überqueren als gedacht. 15 Minuten bevor das Schiff anlegte, wurden wir wieder in den Bauch des Schiffes beordert. Dort herrschten fast unerträgliche Temperaturen und weil es keine Fenster hatte, war die Landephase ziemlich unangenehm. Kaum war die Klappe halbwegs offen, mussten wir schon das Schiff verlassen und unsere Papiere einem griechischen Polizisten vorweisen. Dieser warf einen prüfenden Blick darauf und entliess uns anschliessend mit den Worten ‘You are free’ in die Freiheit der Griechischen Insel Korfu.

Es erstaunte uns, dass dennoch einige Personen zu Fuss auf die Fähre gingen.

Von Korfu City aus mieteten wir ein Auto, um in den Süden zu unserem Apartment zu gelangen. Nachdem wir nun über einen Tag unterwegs waren und die Strassen von Korfu nicht wirklich beleuchtet, war es anspruchsvoll für diese Stunde die Konzentration aufrechtzuerhalten. Als wir um 23:00 Uhr endlich die Tür zu unserer kleinen Wohnung öffneten, waren gut 29 Stunden seit der Abfahrt vergangen. Eine Strecke, die mit dem Flugzeug in knapp zwei Stunden zu erreichen wäre. Allerdings war diese Hinfahrt eine Reise für sich und so vieles wäre uns vorenthalten geblieben.