Eine Reise von Bellinzona nach Venedig im Zeichen von Corona und der Hoffnung, dass alles Überstanden ist.

Wir gehörten wohl zu den Ersten

Dass es im 21. Jahrhundert einmal nicht mehr möglich sein wird, frei von einem europäischen Land ins nächste zu Reisen, hätte wohl niemand für möglich gehalten. Doch es kam das Jahr 2020, es kam Corona und von einem Tag auf den anderen fühlten wir uns mit unserem Geschäftsmodell irgendwie überflüssig. Ich war wohl nur während meiner einmonatigen Wanderung durch Schottland länger nicht mit dem Zug gereist, als in Zeiten des Lockdowns.

Doch im Nachhinein verbesserte sich die Lage während der ersten Welle überraschend schnell und nachdem meine geplante Reise nach Budapest hatte ausfallen müssen, kam ich schon im Juni zur erhofften Auszeit und kehrte zurück auf die Gleise Europas. Ziel sollte das ansonsten von Touristen aus aller Welt überlaufene Venedig sein.

Unser Eurocity vor der Abfahrt in Bellinzona

Die Reise begann nach einer Nacht in einem Südschweizer Ferienhäuschen am Bahnhof Bellinzona. Infolge Terminengpässen blieb uns für die Reise nur ein sehr kleiner Zeitraum, welcher auf die ersten Tage der Grenzöffnung nach dem Lockdown fiel. Zu dieser Zeit fuhren noch keine direkten Eurocity nach Milano und auch in Italien gab es auch nur ein sehr begrenztes Angebot. So mussten wir auf dieser ohnehin schon speziellen Reise ab Chiasso mit der italienischen S-Bahn nach Milano fahren und wohl auch deshalb waren noch weit und breit keine Reisenden im internationalen Verkehr zu erkennen.

Zum ersten Mal gehörten Masken zur Szenerie

Die S-Bahnen in Chiasso fahren stets an einem etwas versteckten Perron hinter dem grossen Zollgebäude ab. Die menschenleeren Gänge der Grenzkontrollen gaben einem ein selten mulmiges Gefühl beim Verlassen der Schweiz. Das gleichgültig wie autoritäre Buongiorno der Zöllner hinterliessen ebenfalls den Eindruck, dass wir mit dem Reisen etwas zu früh wieder angefangen haben.

In der S-Bahn wiesen Schilder auf etwas hin, was wir bislang auch nur vom Hörensagen kannten: Maskenpflicht (Die kam in der Schweiz erst einen Monat später). Ob Feriengefühl und Italianita auch mit diesen neuen Gadgets aufkommen können? Wir waren uns da nicht so ganz sicher. Vor allem weil wir keine Ahnung hatten, wie Ernst das mit der Maske nun tatsächlich gemeint ist.

Als wir nach unzähligen Zwischenhalten den altbekannten Bahnhof Milano Centrale erreichten wussten wir immer noch nicht, ob man hier nun irgendwo etwas Essen könne oder die Maske wichtiger sei. Da wir den Hunger bis Venedig aber irgendwie stillen mussten, entschieden wir uns doch dafür, die Maske kurz abzusetzen um ein Canolli versteckt hinter einer Infotafel zu essen, bevor es für uns in den Frecciarossa nach Venedig ging.

Der Frecciarossa nach Venedig bei der Einfahrt in Milano Centrale

Den üblichen Service gab es dann doch

Bereits im zweiten Zug fühlte sich die Sache mit der Maske irgendwie vertraut an. Wir bezogen unser Abteil, in welchem wir uns wie es die Abstandsregeln vorsahen, diagonal hinsetzten. So hatte man wenigstens ordentlich Beinfreiheit. Durch die installierten Desinfektionsspender im Zug und der Regelung, dass an den Türen entweder Ein- oder Aussteigen darf, merkten wir auch zum ersten Mal, dass man sich hier irgendwie mehr überlegt, als in der Schweiz.

Etwas überraschend erhielten wir trotz der Maskenpflicht den üblichen Snackservice in Form von Getränk und Snack, dieses Mal in Begleitung von Maske, Desinfektionsmittel und Wasserflasche. Mit der Zeit und den Blick auf die unterwegs liegenden Städte Verona oder Vicenza kam dann endlich auch Vorfreude auf Venedig auf, erst recht als ich zum ersten Mal über den Damm von Mestre in die Lagunenstadt hinüberfuhr.

Gut geschützt dank dem Care-Paket von Trenitalia

Das kurioseste an der ganzen Reise merkten wir dann erst auf der Rückfahrt, als wir im direkten Zug von Milano nach Lugano wie alle anderen internationalen Passagiere in Chiasso als erstes unsere Maske in den Abfalleimer warfen. Aber dies ist ja mittlerweile auch nicht mehr möglich.