Ein Erfahrungsbericht mit einer Fahrt mit dem Giruno der SBB welcher seit 2019 auf der Gotthardbahn unterwegs ist

Der erste Schweizer Hochgeschwindigkeitszug

"Nicht so schnell wie möglich, sondern so rasch wie nötig", war ein Grundsatz den die SBB in den 80er Jahren verankerte. Eine Folge daraus ist, dass in der Schweiz kein 300 km/h Strecke gebaut wurde, sondern ein engmaschiges System mit einem Taktfahrplan und schlauen Fahrzeiten eingerichtet wurde. So dauerte es auch bis zum Jahr 2019, als zum ersten Mal ein Hochgeschwindigkeitszug mit vMax 250 gebaut wurde. Und wir haben diesen neuen Zug für euch getestet.

Lieber in Zürich weit laufen

Der SBB Giruno besteht aus 11 Wagen und 422 Sitzplätzen auf 202 Metern verteilt. Meistens verkehren die Züge bis ins Tessin in doppelter Länge, wobei nur der vordere Zugteil bis nach Milano fährt. Sollte man also in Zürich im Wagen 1 gebucht sein, ist der Einstieg gefühlt schon kurz vor dem Nordportal des Gotthardtunnels. Der Grosse Vorteil dabei: Man kann in Milano dann auch ganz vorne am Prellbock wieder aussteigen und ist somit schneller beim Anschlusszug. Doch was erwartet einem auf der Fahrt zwischen der Schweiz und Italien?

Die Sitze

Bei der ersten Probefahrt empfand ich die Sitze im neuen Zug als eher hart. Die neuerlichen Erfahrungen zeigen jedoch, dass es eher an der frische des Zuges lag. Mittlerweile sitz es sich sehr angenehm auf den 2. Klasse Plätzen des neuen SBB Zuges. Mit Steckdosen an jedem Platz in EU und Schweiz Ausführung punktet die SBB auch bei internationalen Gästen

Auch in internationalen Verkehr setzt die SBB auf 4er Abteile

Der Platz

Dank der Anordnung in 4er Abteilen findet sich nicht nur über den Sitzen sondern auch zwischen den Abteilen viel Platz für das Gepäck. Die Sitzabstände sind in der 2. Klasse hingegen nicht riesig und insbesondere mit fremden Personen kann es eher eng werden. Ebenfalls schade ist, dass Personen mit Gangplatz keinen eigenen Tisch haben, ausser in der Famillienzone wo sich die Tische auch gut für ein grösseres Spiel eignen.

Das WLAN

So gut wie in kaum einem anderen Land funktioniert das bordeigene WLAN wie in der Schweiz. Es war auch schon möglich, Filme zu Streamen oder ohne den Gebrauch von mobilen Daten zu arbeiten. Leider ist in Italien die Netzabdeckung nicht so gut, also besser alle Arbeiten noch in der Schweiz machen! Nicht via WLAN und somit immer verfügbar läuft das SBB Portal, auch welchem ausgewählte Filme gestreamt oder Spiele gespielt werden können.

Der Speisewagen

Das Catering auf dem neuen Gotthardzug ist identisch mit dem schweizweit bekannten SBB Angebot. Das ist aber auch gut so, denn das SBB Restaurant ist sehr empfehlenswert. Saisonal wechselnde Karten, guter Kaffee und faire Preisen lassen die Ferien meist schon im Zürcher Hauptbahnhof beginnen.

Ich bin Fan: Das SBB Restaurant in der Zugsmitte

Die 1. Klasse

Erstklassig durch den Gotthard reist es sich in den Wagen 8-11. Die Sitzanordnung ist hier sehr grosszügig ausgelegt und an vielen Orten überwiegen recht private 2er Abteile. Der Platz ist damit auch ein grösseres Argument als der Komfort, der sich nicht gewaltig von der zweiten Klasse abhebt.

Für mich als 2. Klasse GA Besitzer ist der 1. Klasse Aufpreis meist etwas zu hoch

Die Extras

Beim Giruno wurde an alles gedacht. Ein kluges System aus Rampen schafft es, dass trotz unterschiedlichen Perronhöhen der Einstieg in Italien und der Schweiz barrierefrei gestaltet werden kann. Der falsche Einstieg macht aber auch das Reisen mit schweren Koffern angenehmer.

Im Wagen 3 sind ausserdem vier Veloplätze vorhanden und in der 1. Klasse darf man sich auf Ruhezonen und Businessabteile freuen.

Das Fazit

Der neue SBB Zug macht Freude und zeigt, dass auch die SBB im Zeitalter der Hochgeschwindigkeitszüge angekommen ist. Gleichzeitig ist es auch immer ein Stück Heimat, wenn man von den Ferien in Italien in einen altbekannten SBB Zug sitzen kann. Unschön ist die Tatsache, dass der Zug derzeit nur im Gotthardtunnel die vollen 250 km/h ausfahren darf und noch nicht in Italien. Dadurch entfällt auch die Möglichkeit, mit dem Zug bis nach Florenz oder Rom zu fahren. Immerhin stehen mit Genua, Bologna, Verona oder Venedig spannende Destinationen in Norditalien auf den Abfahrtsanzeigern am Hauptbahnhof Zürich.