Allein Reisen kann so befreiend und schön sein, auch wenn im Vorfeld Bedenken und Sorgen im Kopf herumschwirren. Ich durfte auf meiner Bahnreise von Zürich nach Portugal wunderbare Begegnungen und eine tolle Zeit erleben.

Täglich hören wir berichte in den Nachrichten von langen Staus, Wartezeiten, Flugchaos und Gepäck, welches nicht ankommt. Diesen Stress wollte ich mir in diesem Jahr nicht antun, jedoch auch nicht auf die Reise mit meinen Mädels verzichten. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden mit dem öffentlichen Verkehr von Zürich nach Faro (Portugal) zu reisen. Ich habe mir fünf Tage Zeit genommen mein Ziel zu erreichen und gönnte mir dadurch eine Auszeit für mich. Als Frau allein zu reisen, macht mir nichts aus, das bin ich mir im geschäftlichen Alltag gewohnt. Trotzdem kommt immer ein Kribbeln auf, wenn man in Städte reist, die man zuvor noch nie besichtigt hat. Aber genau diese Aufregung und Ungewissheit macht die Reise erst so richtig spannend. 

Zu Beginn der Reise habe ich mir zwei Frage gestellt: «Auf was freue ich mich am meisten?» und «Was bereitet mir am meisten Sorge?». Dazu gleich mehr. 

Zürich – Bordeaux 

Mein erstes Reiseziel ist Bordeaux. Von Zürich aus gibt es verschiedene Optionen nach Bordeaux zu reisen, ich habe mich für die Variante über Paris Gare de Lyon entschieden. Ein komfortabler Hochgeschwindigkeitszug wartete um 7 Uhr früh auf mich. Die Reise ist sehr angenehm. In der 1. Klasse hat man genügend Beinfreiheit, das W-LAN funktioniert einwandfrei und die Sitze sind verstellbar. Nach knapp 3 Stunden Zugfahrt, vorbei an einer flachen und hügeligen Landschaft mit schönen Feldern und Dörfern, komme ich bei meiner grössten Sorge «Paris Gare de Lyon» an. Der Bahnhof ist hochmodern und schön. Ganz anders als ich es mir vorgestellt habe. Doch nun muss ich nach Paris Montparnasse umsteigen. Grundsätzlich habe ich genügend Zeit zum Umsteigen trotzdem habe ich Respekt, vielleicht auch weil ich allein unterwegs bin. Als ich die Metro, trotz der sehr kleinen Metro-Schilder gefunden habe und nach nur 30 Minuten in Montparnasse angekommen bin, war alles easy. Die grösste mentale Hürde war überstanden und ich nahm kurze Zeit später den nächsten Zug nach Bordeaux. 

Der neue TGV inOui ist ebenfalls ein sehr komfortabler Doppelstock Zug mit Bordrestaurant. Man hat genügend Platz für das Gepäck und sogar einen kleinen Spiegel am Platz. Ich komme pünktlich nach 2 Stunden um 16.14 Uhr in Bordeaux an und habe noch genügend Zeit mir die schöne Stadt am Abend anzusehen. Die Geschäfte haben am Samstag und Sonntag lange offen und das Leben spielt sich auf den Strassen ab. Eine wunderbar lebendige Stadt, in welcher ich zwei Tage bleibe und mir natürlich auch ein Glas Bordeaux in einer Weinhandlung gönne. Und ja, auch das kann man allein.  

Paris Bordeaux TGV InOui

Bordeaux – Barcelona

Von Bordeaux aus nehme ich den Zug über Narbonne nach Barcelona. Barcelona ist nur ein Zwischenziel, da ich mir in Sevilla mehr Zeit nehmen möchte. Der Intercity nach Narbonne ist ein bisschen in die Jahre gekommen, erreicht sein Ziel jedoch ebenfalls pünktlich. In Narbonne warte ich ca. 1.5 Stunde auf meinen nächsten Zug nach Barcelona. Die Anschlusszeiten kann man nicht ganz mit denen in der Schweiz vergleichen, merke ich und eine Stellwerkstörung verzögert die Abfahrt um weitere 30 Minuten.

Im August 2022 als ich gereist bin, hörte man vermehrt von den Waldbränden in Frankreich. In Bordeaux habe ich glücklicherweise nichts davon gemerkt. Im Süden Frankreichs sehe ich nun ein brauner Schleier in der Luft. Ich reise am Meer vorbei in Richtung Barcelona. Auf der einen Seite sehe ich Kite-surfer auf der anderen Seite die Waldbrände. Ein sehr eindrückliches und erschreckendes Bild, welches mir noch lange in Erinnerung bleiben wird. Die Dürre, die Klimaerwärmung ist hier. Ein weiterer Grund für mich, noch mehr auf meinen ökologischen Fussabdruck zu achten und meine Entscheidungen entsprechend zu treffen. In Barcelona angekommen, möchte ich nach einem langen Tag nur noch ins Hotel. Die Reise mit dem Zug dorthin gestaltet sich schwieriger als gedacht, da die Signaletik nicht die Beste ist. Mit meinen Italienischkenntnissen und der Hilfe einer netten Dame, schaffe ich es dann auf den richtigen Zug ins Zentrum. 

Bordeaux

Barcelona – Sevilla 

Ab Barcelona Sants fährt nun der Hochgeschwindigkeitszug morgens früh nach Sevilla Santa Justa. Um in den Zug zu steigen, muss ich sowie mein Gepäck zuerst durch die Sicherheitskontrolle, anschliessend heisst es warten. Das Einsteigen erweist sich chaotisch, da die Mitarbeiter nicht genau wissen, wo die Gäste der zwei Züge, die zur gleichen Zeit abfahren, warten sollen. Als ich im Zug an meinem Platz dann endlich angekommen bin, begeistert mich wieder der komfortable Zug sowie die Geschwindigkeit. In 5.5 Stunden erreiche ich Sevilla, dass 1'200 km entfernt liegt. Wenn es doch nur so einen Schnellzug von der Schweiz nach Sizilien, oder andere Ortschaften gäbe. 

In Sevilla angekommen, habe ich mich sofort in die Stadt verliebt. Eine wunderbare Ortschaft mit schöner Architektur, Kirchen und Grünflächen. Das Essen ist hervorragend und Shoppen lohnt sich auf jeden Fall auch. Ein Traum für jeden der gerne einen City-/Shoppingtrip plant. 

Barcelona Sevilla Renfe
Sevilla

Sevilla – Faro 

Von Sevilla reise ich mit einem Reisebus nach Faro. In der Nähe des Zentrums gibt es einen grossen Busbahnhof, von wo aus Busse ab Sevilla in alle Richtungen fahren. Ich komme nach 3 Stunden bei meinen Mädels in Faro an und freue mich nun weitere Tage an der Algarve zu verbringen. 

Zur Frage, auf was ich mich am meisten gefreut habe, kommt hier noch die Antwort. Ich habe mich am meisten auf die Erfahrungen und Erkenntnisse gefreut, die ich machen durfte. Wenn man allein reist, hat man sehr viel Zeit über das Leben nachzudenken. Man hat Zeit seine Sorgen und Gedankenmuster aufzubrechen und zu lösen. Man erhält die Zeit bewusst mit sich selbst Zeit zu verbringen und neue Bekanntschaften zu machen. Versucht es einmal aus. Es lohnt sich.