Eine Reise in eine ziemlich unterschätze Region Deutschlands

Nachtzüge im 5 Minuten-Takt

Seit Mitte Dezember 2022 ist die Rückkehr des EuroNight Canopus Tatsache. Canopus ist der Vizemeister unter den hellsten Sternen am Nachthimmel und der gleichnamige Zug ist der zweite Nachtzug welcher von Zürich nach Prag fährt. Natürlich braucht es nicht zwei Nachtverbindungen von Zürich nach Tschechien, jedoch führt die neue Verbindung über Basel, Leipzig und Dresden und bindet so die beliebte Ferienregion Sachsen an das Schweizer Nachtzugnetz an. Etwas überdimensioniert wirkt das Angebot also höchstens, wenn man Abends am Prager Hauptbahnhof sowohl um 18:21 als auch um 18:26 einen direkten Zug nach Zürich auf der Abfahrtstafel erkennt.

Eigentlich wäre ich lieber nach Prag gefahren

Für uns ging es aber in die andere Richtung. Am Neujahrstag um kurz vor Acht zeigten wir dem kurligen tschechischen Schlafwagenbetreuer unser Ticket für das Schlafabteil und bekamen unsere Schlüsselkarte in die Hand gedrückt. Für 252.- bietet die tschechische Bahn uns als GA Besitzer eine Mitfahrt in einer ihren Schlafkabinen, inklusive frisch bezogenen Betten sowie einem kleinen Frühstück. Einzig die Tatsache, dass uns mitgeteilt wurde, dass wir morgens um 6 (in den Ferien!) geweckt würden um genügend Zeit fürs Frühstück zu haben, war nach der durchzechten Neujahrsnacht keine einfach zu verkraftende Nachricht. Irgendwie wäre es schon auch ok gewesen, hätten wir die ganze Strecke bis Prag mitgemacht und so gemütlich im (auf der Strecke Leipzig-Prag-Leipzig verkehrenden) Tschechischen Speisewagen ein ausgiebiges Frühstück während der Fahrt durchs malerische Elbtal geniessen können.

Von vorne würden die meisten Menschen auf dem Bild noch recht verschlafen ausschauen.

Ein warmer Willkommensgruss

Ich entschied mich aber nicht spontan um hinsichtlich des Reiseziels und fügte mich dem Schicksal des geweckt werden zu der Zeit, an welcher ich Tags zuvor noch schalfen ging und kann wenigstens behaupten, dass mir das erste Frühstück des Jahres ans Bett gebracht wurde. Um 20 nach 7 verliessen wir das warme Bett und stiegen mit einer leichten Verspätung am Neustädter Bahnhof von Dresden aus. Überraschend warm, aber auch überraschend verschlafen präsentierte sich die sächsische Hauptstadt an diesem Berchtholdstag.

Auf einer Velotour kann man die Städte in schönstem Postkartenwinkel erblicken

Für uns gab es erstmal ein kleines Frühstück mit unserem lokalen Stadtführer und Bekannten meiner Reisebegleitung. Der erste Rundgang durch die Stadt machten wir zu Fuss, für eine etwas ausgiebigere Runde benutzten wir das Fahrrad auf den im Vergleich zur Schweizdeutlich augebauteren Velowegen.

Nicht so, wie man es aus dem Katalog kennt

Für die meisten in meinem Alter scheint Dresden eher als Ort, wo man dann mal hinkann wenn man Alt ist. Vielleicht auf einer Carreise mit anderen Senior*innen, man geht an den Weihnachtsmarkt, kauft siche einen Christstollen, Schaut sich barocke Gebäude an, Fährt mit dem Dampfschiff, Spaziert auf den breit ausgebauten Wegen durch die sächsische Schweiz oder besucht die Meissner Porzellanfabrik. Wäre das das Programm gewesen, hätte ich mich wohl wirklich nur schwer aus dem Nachtzug gequält. Doch im grossen Schatten der hippen und bekannten Grosstädten Hamburg und Berlin bietet Dresden besonders in der Neusstadt auch ein wunderbares Kontrastprogramm.

"Schloss" scheint keinen Qualitätskritieren zu unterliegen

Die Strassenzüge um die Alaunstrasse, mit ihrem Herzstück dem "Assi-Eck" hatten bis vor wenigen Jahren die höchste Bardichte Europas. Ein wirrwar an Streetart, kulturellem Angebot wie dem Blech-Schloss und unzähligen lokal geführten Läden führten dazu, dass wir kaum einmal die bekannte Altstadt jenseits der Elbe erkunden mussten, um in Dresden eine gute Zeit zu haben.

Wo man mich eher wieder finden wird

Wir liessen die Chance aber dennoch nicht aus, etwas gehoberes zu machen und kauften uns für 40.- auch noch 2 Tickets für eine Vorstellung in der weltbekannten Semperoper. Mein erster Opernbesuch wird mir aber deutlich mehr durch die imposante Archtitektur des 2x rekonstruierten Gebäudes und den schicken Anzügen und Kleidern des Publikums in Erinnerung bleiben, als durch das dargebotene Stück "Die Fledermaus". Viel eher werde ich nach Dresden zurückkehren, um ein Konzert in der Scheune "Dem prunklosesten zahlreichen Schlösser Dresden" besuchen zu gehen oder ein entspannter Abend in einer Bar, zum Beispiel der Spielebar "Barneby" zu verbringen.

Die Kunsthofpassagen wurden 2001 eröffnet und sind ein Grund, wieso Neustadt als "Szenenviertel" gilt

Sowohl dank des bequemen Nachtzuges als auch durch die günstigen und schnellen ICE Züge, die uns auf die Minute pünktlich wieder in die Schweiz brachten, steht einem Kurztrip nach Sachsen nichts mehr im Wege.