Eine Reise mit 30 Minuten Verlängerung & 45 Minuten Verspätung

Der Plan steht

Eine Rückfahrt von Bologna ist eigentlich eine unspektakuläre Sache. Mit dem Frecciarossa geht es in einer Stunde bis Milano, dort steigt man auf den Eurocity um und ist nach nicht einmal fünf Stunden wieder zuhause.

Eine tolle Stadt, aber wegen der Hitze eher was für den Frühling oder Herbst

Wir freuten uns nach dem sehr heissen Tag in der Stadt (38°C!) vor allem auf die Klimaanlage im Zug. Bolognas unverkennbare Arkaden mit einer Gesamtlänge von 38 Kilometern sorgten zwar für ordentlich Schatten, der dann im Verlaufe des Nachmittages aber auch nicht mehr viel Abkühlung brachte.

Der Plan für die Heimreise war vordefiniert: Bis Milano machen wir die Abrechnung, dann werden die Spezialitäten vom Markt als Pick-Nick im Zug aufgetischt und um 21:00 schauen wir bei hoffentlich guten Internet das Achtelfinale der Europameisterschaft zwischen der Schweiz und Frankreich auf dem Laptop.

Wenn die Verspätung nichts ausmacht

Den ersten Teil des Planes - die Abrechnung - verlief erfolgreich. Wir realisierten, dass die fünftägige Reise durch Ligurien, die Toskana und die Emilia-Romagna trotz sehr vielen Aperol Spritz und Weltklasse Essen gar nicht mal so teuer kam.

Vorbei am imposanten Bahnhof Reggio Emilia AV ging es mit 300km/h in Richtung Milano, wo wir den knappen Anschluss auf den Eurocity nach Zürich schlussendlich locker schafften.

Das Buffet war schon vor der Abfahrt eröffnet

Dies, weil die Abfahrt in Milano 25 Minuten später als geplant stattfand. Uns konnte es recht sein. Bei einer pünktlichen Ankunft um 22:27 hätten wir den Abpfiff nicht im Zug schauen können, sondern hätten schnell ins Public Viewing der Brasserie Federal am Hauptbahnhof wechseln müssen.

"Es wird ein 3:1"

Ab Chiasso zog es uns in den Speisewagen. Mein Laptop stellten wir zwischen die kalten Biere auf den Tisch und schon am Lago di Lugano statt wie nach Fahrplan im Gotthardtunnel köpfte Haris Seferovic doch tatsächlich den Ball in das Französische Tor.

"Räume eng machen und vorne Nadelstiche setzen", war für Huggel der Schlüssel zum Erfolg

Zum ersten Mal wurde es laut im SBB-Restaurant. Wer jetzt ein rollendes Public Viewing vor Augen hat, muss etwas enttäuscht werden. Wir waren die einzigen, die sich so richtig für Fussball interessierten.

Einzig die etwas verwirrte Dame vom Nebentisch, welche seit Chiasso durch den Wagen irrte und mit ihrem andauernden lauten Telefonaten auf englisch, italienisch und russisch die Anwesenden noch etwas mehr störte, setzte sich ab und zu ziemlich unfreundlich an unseren Tisch und wagte einen Blick auf den flüssig laufenden Live-Stream. "Das wird am Ende ohnehin ein 3:1", meinte sie...

Am Schluss waren wir doch wieder pünktlich

Wie sich einige vielleicht noch erinnern können, war dem nicht so: Als wir schon ans Bett dachten und ausrechneten, welche S-Bahn wir mit der Verspätung in Zürich erwischen könnten, rappelten sich die Schweizer Mannen auf dem Feld nochmals auf. erzielten zwei Tore und erzwangen die Verlängerung gegen den Weltmeister.

Somit waren wir auch wieder in unserem Matchplan. Wir kamen irgendwann in Zürich an und statt in der 75. Minute bestellten wir nach 115 Spielminuten doch noch eine Stange in der Brasserie Federal. Nun waren wir mittendrin.

Gemeinsam mit nun duzenden Fussballfans fieberten wir beim Penaltyschiessen mit und durften nach dem Schlusspfiff mit gutem Gewissen laut werden. Zum ersten Mal seit 67 Jahren ging die Reise für die Nati in den Viertelfinal!

Früher oder später wären wir sowieso hier gelandet

Für uns ging es mit der vorletzten S-Bahn ins Zürcher Oberland. Und die Ankunft um 0:20 war dann auch nicht mehr wirklich verspätet - früher oder später wären wir ohnehin im Federal gelandet.