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Das Zmorge im Speisewagen war das teuerste an der Reise
Marius Portmann 04.08.2022 Deutschland
StädtereiseAbenteuerTestfahrtVelomitnahme möglichDirektverbindungGruppenreise buchbar
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Marius Portmann 04.08.2022 Deutschland
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In Deutschland kann man diesen Sommer für 9€ einen Monat lang jeden Regionalzug benutzen. Der Bund möchte damit die Konjunktur abschwächen und zudem der Bevölkerung den ÖV näherbringen. Die Medien berichteten zu Beginn des Angebotes von überfüllten Zügen, Chaos und Verspätungen. Wir wollten uns darum selbst ein Bild davon machen.
Wir haben uns die fränkische Hauptstadt Nürnberg als Reiseziel ausgesucht. Die malerische Altstadt an der Pegnitz und die rund 400km Entfernung schienen perfekt geeignet für ein Wochenendtrip. Fahrpläne für Züge, auf welchen das 9€ Ticket gilt, findet man bequem auf bahn.de, wenn man ab dem Grenzbahnhof die Option nur Nahverkehr eingibt. So werden dann die besten Optionen angegeben. Das 9€ Ticket gilt auch ab Bahnhöfen in der Schweiz, wie zum Beispiel Schaffhausen oder dem Badischen Bahnhof von Basel. So hätten wir mit dem GA tatsächlich für nur 4.50€ pro Weg bis nach Nürnberg reisen können.
Wegen Busersatz auf der ziemlich direkten Route über Stuttgart und der damit verbundenen Abfahrtszeit um 6:10 im Zürcher Oberland am Samstagmorgen, haben wir uns aber doch über für eine andere Route entschieden und fuhren über Lindau und Augsburg, wobei wir für die kurze Strecke durch Österreich (Fahrzeit 15 Minuten) ein Retourbillet für 10.80€ dazugebucht haben. So kostet die Reise doch ganze 19.80€. Der Vorteil dieser Strecke war ganz bestimmt der Speisewagen. Während man in den Medien von Chaos am Flughafen, 3h Wartezeit an der Sicherheitskontrolle und umgebuchten Flügen liest, war ich keine 30 Minuten nach dem Schliessen der Haustür schon im Eurocity in Richtung München und bestellte den Muntermacher, das Zmorge im SBB Restaurant, mit 10.90.- alleine mehr kostete als die gesamte Hinreise, aber für den gebotenen Service auch nicht als überteuert bezeichnet werden müsste.
Kurz nach der Aussicht auf den morgendlichen Bodensee verliessen wird die Annehmlichkeiten des Internationalen Fernverkehrs und machten uns auf, ins Abenteuer 9€ Ticket. Die erste Etappe führte mit dem RegioExpress von Lindau direkt nach Augsburg. Der erste knappe Anschluss funktionierte und die zwei Wagen lange und mit Dieselbetriebene Zugkomposition setzte sich fast pünktlich in Bewegung. Schon beim Startbahnhof waren die Plätze zwar gut besetzt, allerdings fand sich für jeden im Zug ein Sitzplatz. So auch für den Lokführer, welchem man bei der kurvenreichen Fahrt durch das malerische Allgäu auch über die Schulter schauen kann.
Bis nach Augsburg fand sich ein durchmischtes Publikum im Zug wieder. Gegen Ende der Reise wurde die Stimmung aber etwas angespannt, da wir den letzten Bahnhof Buchloe mit genau den 11 Minuten Verspätung verliessen, die für den Anschluss nach Nürnberg eingeplant waren. Mit uns wollten viele weitere Reisende auf diesen Zug umsteigen und mit Blick auf den Fahrplan und der nächsten Verbindung 2h später wurde auch ich etwas gestresst, wenn auch der Weg zum einzigen Ziel der Reise vorbestimmt war. Ich rechnete aus, wie hoch das Durchschnittstempo sein muss, um die auf der Kilometrierung angegebenen 40 Kilometer bis Augsburg in 20 Minuten zu erreichen und überlegte mit dann, ob der Dreisatz korrekt war und ob sich die Szenerie mit mehr oder weniger als 120km/h bewegt.
Es müssen wohl ziemlich genau 120km/h gewesen sein. Die Ankunftszeit in Augsburg war identisch mit der Abfahrtszeit des Anschlusses nach Nürnberg, was besonders Ärgerlich ist, da viele Regionalzüge nur alle 2h auf ganzer Strecke fahren. Dennoch versuchten wir und viele Leute den Anschluss, auch wenn in der Durchsage nichts von einer Verbindung nach Nürnberg erwähnt wurde. Tatsächlich wartete auf dem unendlich lang scheinenden Gleis 8 am anderen Ende der RegioExpress nach Nürnberg brav einige Minuten auf die Reisenden aus Lindau und fuhr rund 5 Minuten verspätet ab. Mit besserer Kommunikation wäre der Stress geringer ausgefallen, aber einer erfolgreichen Reise scheint nun nichts mehr im Wege zu stehen.
Die Fahrt nach Nürnberg verlief dann sehr ereignislos und um 13:18 trafen wir wie vorgesehen am Nürnberger Hauptbahnhof ein. Der sehr grosse Vorteil des 9€ Tickets bemerkten wir erst jetzt. Wir hatten nicht nur die Fahrt nach Nürnberg gebucht, sondern auch gleich zwei Tageskarten für den Nahverkehr und konnten ohne langes Überlegen und warten am Ticketautomaten mit der U-Bahn zum Hotel gehen.
Auch die Rückfahrt verlief ziemlich ereignislos, wenn auch ein Freund vor der Rückfahrt ziemlich verzweifelt um Hilfe bat, da er just in diesem Moment wie schon auf der Hinfahrt irgendwo zwischen Stuttgart und Zürich gestrandet war. Vielleicht haben wir einfach auch Glück gehabt auf unserer Reise. Abschliessend kann man einiges über das 9€ Tickets sagen.
Vielen Leuten wurde besonders dank den Medien Bahnfahren nahegebracht und viele Personen dürften aufgrund des Sonderangebotes zumindest überprüft haben, ob ihr Arbeitsweg auch in sinnvoller Weise mit dem ÖV zu bewältigen ist. Beim Blick auf das Angebot dürfte aber einigen auch die Lust am Bahnfahren wieder schnell vergangen sein. Ein zweistündiges Angebot inklusive unsicheren Anschlüssen ist mit vielen Jobs nicht wirklich vereinbar und das 9€ Ticket für die ländliche Bevölkerung wohl eher eine Steuergeldverschwendung als ein Geschenk vom Staat.
Ganz günstig ist das 9€ Ticket nämlich nicht. Die Kosten werden sich wohl auf rund 2.6 Milliarden Euro anhäufen, was eine ordentliche Menge ist, wenn man bedenkt, dass das Angebot nach 3 Monaten wohl verpufft sein wird. Hätte man das Geld nicht besser in den Ausbau des Schienennetzes gesteckt, das an vielen Stellen marode ist und häufig, wie auch auf unserer Fahrt von Lindau nach Augsburg mit Diesel betrieben wird.
Gleichzeitig wird für 3 Monate das beanspruchte Netz noch mehr mit unnützem Verkehr an den Anschlag gebracht. Unserer Reise hätte wohl nicht stattgefunden, wenn das Angebot nicht existiert hätte. So fuhren wir für einen Spottpreis quer durch Bayern und liessen die bisherigen Pendler*innen auf dieser Strecke wohl indirekt dafür bezahlen. So endete die Reise nach Nürnberg mit gemischten Gefühlen und der Hoffnung, dass langfristiger preiswerter Regionalverkehr das Angebot auch nachhaltig verbessern kann.
Das 9€ Ticket ist noch bis Ende August 2022 gültig und direkt bei der DB oder auch bei uns buchbar. Eine einmalige Gelegenheit, günstig nach Nürnberg zu kommen, war das 9€ Ticket keineswegs. Das seit längerem bestehende Bayern-Ticket erlaubt bis zu 5 Personen eine Tageskarte für das ganze Bundesland für 26€ + 8€ pro weitere Person. Hätte die Reise statt den erwähnten 10.- pro Weg halt 22.- gekostet, wären wir auch nach Nürnberg gereist, hätten wir nicht nur die Deutsche Bahn wiedermal erleben wollen.
Über den Autor
Marius Portmann
Ist schon von Sizilien bis an den Polarkreis mit dem Zug gereist. Speisewagen mit frischer Küche oder Schlafwagen mit offenem Fenster sind ihm viel lieber, als möglichst schnell von A nach B zu kommen.
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